Getreideernte 2011 - Schleppender Ernteverlauf nach gutem Start

05.08.2011 Erntemenge über Vorjahresniveau

Das Getreidejahr 2011 ist von den Erwartungen her ein Wellental von Hochs und Tiefs
„Das Getreidejahr 2011 ist von den Erwartungen her ein Wellental von Hochs und Tiefs“, fasst Dipl.-Ing. Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria (AMA) die Ergebnisse der Getreideernte 2011 zusammen.

Vorerst musste, aufgrund des sonnigen und sehr trockenen Frühjahrs, von einer geringeren Erntemenge ausgegangen werden. Umso mehr überraschten die erfreulichen Ergebnisse an Mengen und Qualitäten zum Ernteauftakt. Der späte Regen Ende Mai und im Juni kam doch nicht zu spät und hatte eine äußerst positive Auswirkung auf die Entwicklung der Kornbildung. Somit konnten Erträge eingefahren werden, die bei optischer Beurteilung der Bestände nicht zu erwarten waren. Doch wie schon im letzten Jahr wurde der Ernteverlauf Mitte Juli abrupt von nasskaltem Wetter gestoppt. Besonders bei den noch immer am Feld stehenden Weizenbeständen kann es bei anhaltend schlechter Witterung zu Auswirkungen bei der Fallzahl kommen.

Die Erntemengen fallen heuer sehr positiv aus, bei den Qualitäten zeigt sich ein differenziertes Bild. Bei Gerste sind gute Erträge und Hektolitergewichte zu verzeichnen, die Siebungen für Braugerste sind sehr gut. Mengenmäßig liegt der Weizen über den Erwartungen, die erreichten Qualitäten sind dagegen – auch aufgrund der höheren Erträge – generell unter jenen des Vorjahres anzusiedeln.

„Mit einer prognostizierten Gesamternte von über 3 Mio. Tonnen ohne Mais und einer Gesamternte inklusive Mais von rund 5,3 Mio. Tonnen wird heuer eine um 13 Prozent höhere Ernte als im Vorjahr erwartet.
Damit liegt die heurige Ernte deutlich über dem langjährigen Durchschnitt, erreicht jedoch nicht den Rekordwert des Jahres 2008“, erklärt Dipl.-Ing. Griesmayr.
Dipl.-Ing. Günter Griesmayr
Dipl.-Ing. Günter Griesmayr
 

Gezielte Vermarktung der Ernte interessant

Das im Vergleich zum Vorjahr deutlich höhere Angebot darf aufgrund des allgemein steigenden Verbrauchs durchaus berechtigte Hoffnungen auf zufriedene Erlöse für die heurige Ernte machen.
„Vor allem die Vermarktung der schwächeren Qualitäten bei Weizen stellt eine Herausforderung für den Markt dar. Ziel ist weiterhin eine wertmäßig positive Handelsbilanz wodurch unter anderem höhere Bauernerlöse im Bereich der Qualitätsvermarktung erreicht werden“, so der Vorsitzende des Verwaltungsrates der AMA, ÖkR Franz Stefan Hautzinger.

Markt benötigt zusätzliche Mengen – jeder ha wird gebraucht

Die in den letzten Jahren geschaffenen alternativen Verarbeitungswege sind für den österreichischen Getreidemarkt ein nicht mehr wegzudenkender Faktor. Ab 2013 entsteht weiterer Bedarf durch die geplante Inbetriebnahme einer Stärkefabrik mit einer jährlichen geplanten Verarbeitungskapazität von 250.000 Tonnen Weizen.
Trotz dieser neuen Vermarktungschancen stellt ÖkR Hautzinger klar: „Für die Landwirtschaft hat sich die Prioritätenliste nicht geändert – zuerst Lebensmittel, dann die Futtermittel und zuletzt die Belieferung des Energiebereiches.“

Vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur

Österreich hat in den letzten fünf Jahren die Inlandsvermarktung von Getreide um 50 % gesteigert. Waren es im Zeitraum 2007/2008 noch rund 2 Mio. Tonnen, so werden es im Zeitraum 2011/2012 bereits rund 3 Mio. Tonnen sein. Grund dafür sind die gesteigerten Verarbeitungskapazitäten der letzten Jahre. Der erhöhte Inlandsverbrauch hat unter anderem zur Folge, dass Österreich auf dem Weg von einem Nettoexporteur zu einem Nettoimporteur ist.
„Nur so gute Ernten wie heuer lassen Österreich ausgeglichen bilanzieren. Solange Zentraleuropa eine bedeutende Überschussregion darstellt, ist die Versorgung Österreichs mit Getreide gesichert und kann weiterhin die traditionellen Exportmärkte mit Qualitätsgetreide bedienen“, hält ÖkR Hautzinger fest. 
Präsident ÖkR Franz Stefan Hautzinger
Präsident ÖkR Franz Stefan Hautzinger
 

Weltmarkt: Rekordernte und Rekordverbrauch prognostiziert

„Nicht nur in Österreich sind die Erntemengen höher als erwartet, auch EU-weit wird eine höhere Ernte eingefahren. Zuletzt hat der Internationale Getreiderat (IGC) in London die Weltgetreideernte um 9 Mio. Tonnen auf den Rekordwert von 1,817 Mrd. Tonnen revidiert. Da der Verbrauchszuwachs aber rasanter eingeschätzt wird und 1,829 Mrd. Tonnen erreicht, werden die globalen Getreidereserven einen weiteren Abbau erfahren“, berichtet Christian Gessl, Abteilungsleiter für Marktordnungen und Marktberichte.
Noch ist in weiten Teilen Europas die Ernte nicht abgeschlossen, in Frankreich und Deutschland ist die Ernte auch witterungsbedingt unterbrochen.
Spannend wird die zukünftige Vermarktungssaison, vor allem auf Grund des Comebacks Russlands als Getreideexporteur nach einjähriger Pause. Hier zeichnet sich eine aggressive Exportpolitik aus der Schwarzmeer-Region ab. Damit erwächst wieder ein namhafter Konkurrent der EU auf den begehrten Exportmärkten.

Angesichts der heuer mit über 1,8 Mrd. Tonnen geschätzten hohen Weltgetreideernte wird dennoch erwartet, das diese mit dem weltweiten Verbrauch nicht Schritt halten kann. Die Weltgetreidevorräte werden, wenn auch geringfügig, reduziert. Letztendlich bleiben die Vorräte mit weltweit rund 347 Mio. Tonnen weiterhin hoch. Die Langzeitprognosen gehen von kontinuierlichen Steigerungen beim Verbrauch aus. Aufgrund des stetigen Wachstum der Weltbevölkerung (täglich 150.000 Menschen mehr) steigt der zusätzliche jährliche Bedarf an Getreide trotz der Rekordernte weltweit im Umfang des derzeitigen Exportpotenzials der gesamten EU. „Das mehrmalige Revidieren der Erntemengen nach oben, die erwarteten niedrigeren Qualitäten sowie die Exportsituation lassen derzeit die Preise für Weizen an den Hauptbörsen seitwärts tendieren“, berichtet Gessl.
Christian Gessl
Christian Gessl
 

Flächenentwicklung in Österreich

Die Getreideanbaufläche ist österreichweit gegenüber dem Vorjahr um 17.800 ha, das sind 3 %, zurückgegangen. Die BIO-Anbauflächen für Getreide verringerten sich um 1,6 %, die gesamte BIO-Anbaufläche wurde jedoch erneut gesteigert.
Die Anbauflächen für Weichweizen wurden ausgedehnt, wenn auch in geringem Umfang. Die Roggenfläche blieb nahezu gleich, die Anbauflächen für die übrigen Getreidesorten wurden zum Teil stark zurückgenommen. Wintergerste und Sommergerste wurden um 8,2 % bzw. 10,2 % reduziert, auch Hafer und Triticale wurden weniger angebaut. Stark reduziert wurde die Fläche bei Hartweizen um 12,5 %.
Bei den Ölsaaten blieb die Rapsfläche annähernd gleich, Körnererbse wurde erneut deutlich weniger angebaut. Ein deutlicher Flächenzuwachs ist bei Sojabohne und Ackerbohne zu verzeichnen. Die Stilllegungsflächen (Grünbrache, Blühflächen) sind auch in diesem Jahr rückläufig.

Anbaubedingungen und Ernteergebnisse

Zu nass – zu trocken – zu nass - so lässt sich kurz und prägnant die Situation der Vegetationsbedingungen beschreiben. Das Vegetationsjahr 2010/2011 war geprägt durch einen relativ nassen Herbst, welcher die Aussaatbedingungen bei Wintergetreide und Winterraps beeinflusste. Der Winter insgesamt war relativ warm und verhältnismäßig trocken. Trocken, sonnig und überdurchschnittlich warm begann auch das Frühjahr, wodurch schon Probleme bei der Entwicklung des Sommergetreides zu befürchten waren. Das spätere Frühjahr, speziell Niederschläge im Juni, brachten doch noch bessere Wachstumsbedingungen als erwartet und haben für eine gute Kornbildung bei Getreide geführt.
Bei Erntebeginn war man überrascht von überdurchschnittlichen Erträgen und guten Qualitäten, vor allem bei Gerste. Bei Weizen haben die guten Erträge die Qualitäten dann natürlich schwächer werden lassen.
Die heurige Getreideernte ist geprägt von regional sehr unterschiedlichen Erträgen, welche direkt in Zusammenhang mit den Niederschlagsmengen des jeweiligen Gebietes zusammenhängen. Die Witterungsbedingungen mit dem trockenen und warmen Frühjahr haben die Kulturen auf den schwereren Böden bevorzugt.
Mit einer geschätzten Gesamtmenge in der Höhe von über 3 Mio. t (ohne Mais) wird sie um ca. 11 % höher als im Vorjahr ausfallen. Witterungsverlauf und Bodenbonitäten sind Hauptfaktoren für die Unterschiede in Menge und Qualität der einzelnen Kulturen.

Hartweizen
(Durum, Verwendung in der Teigwarenherstellung)

Die Hartweizenfläche wurde gegenüber dem Vorjahr um 12,5 % auf ca. 15.300 ha relativ stark zurückgenommen. In den traditionellen Hartweizenanbaugebieten Ostösterreichs ist man großteils mit den bisherigen Ergebnissen hinsichtlich Menge und Qualität sehr zufrieden. Die Ernteunterbrechung Mitte Juli trübt jedoch diese äußerst positive Entwicklung.
Die Erträge bewegen sich bei Winterdurum im Durchschnitt bei 45 dt/ha, bei Sommerdurum wurden bis zu 60 dt/ha erzielt.

Weichweizen
(Verwendung bei der Erzeugung von Mehl, Brot und Gebäck)

Die Anbaufläche hat sich gegenüber dem Vorjahr um ca. 3.500 ha erhöht
(+1,2 %). Das Ertragsniveau wird derzeit österreichweit im Durchschnitt auf 58 dt/ha geschätzt. Man kann davon ausgehen, dass der heurige Weizen zu rund 10-15 % Premiumqualität (über 15 % Protein), rund 20-30 % Qualitätsweizen (mind. 14 % Protein) und rund 60 % Mahl- und Futterqualität aufweist.
Die bisherigen Ergebnisse weisen durchwegs Proteinwerte unter jenen des Vorjahres aus, die Fallzahlen sind jedoch durchwegs gut.
Laut dem ersten vorliegenden Bericht der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung aus den Frühdruschgebieten weisen die Weizenpartien ein sehr gutes durchschnittliches Hektolitergewicht von 83 kg sowie gute Fallzahlwerte (Mittelwert 337 Sekunden) aus.
Durch den Schlechtwettereinbruch um den 20. Juli wurde der Weizendrusch im Weinviertel und Oberösterreich unterbrochen, wobei Auswirkungen bei der Fallzahl befürchtet werden müssen.
Die angelieferten Mahlweizenpartien aus den Frühdruschgebieten in Oberösterreich weisen gute Qualitäten auf (Hektolitergewichte über zu 80 kg, Proteinwerte zwischen 12,0 und 13,5 %). Der Großteil der oberösterreichischen Ernte liegt beim Ertrag sehr gut, die Proteinwerte erreichen aber bisweilen nicht die für Mahlweizen geforderten 12 %.
Die österreichischen Mühlen werden ausreichend mit Mahlweizen versorgt werden können und auch die traditionelle Schiene des Qualitäts- und Premiumweizenexportes nach Italien wird bedient werden, wobei hier mitunter eine geringere Menge als im Vorjahr zur Verfügung stehen dürfte.

Roggen
(Verwendung bei der Broterzeugung)

Die heurige Roggenanbaufläche mit 45.900 ha ist gegenüber dem Vorjahr nahezu gleich geblieben (+0,5 %). Die Roggenerträge werden bei rd. 42 dt/ha erwartet. Die bereits geernteten Qualitäten sind zufriedenstellend. Abzuwarten ist noch die Ernte und deren Ergebnisse aus dem klassischen Anbaugebiet Waldviertel.

Wintergerste
(Verwendung in der Tierfütterung)

Der Anbau der Wintergerste wurde gegenüber dem Jahr 2010 stark reduziert. Die Anbaufläche beträgt heuer rd. 78.500 ha (-8,2 % gegenüber dem Vorjahr). Das Ertragsvolumen schwankt zwischen 40 und 70 dt/ha. Die Qualitäten sind jedoch zum Teil sehr zufriedenstellend, die Hektolitergewichte bewegen sich über 60 kg.

Braugerste - ist trotz Flächenrückgang ausreichend vorhanden
(Sommergerste; Verwendung in der Malz- bzw. Biererzeugung)

Die Fläche von rund 74.800 ha ergibt zum Vorjahr einen Rückgang um 8.500 ha (-10,2 %) und wurde wie in den Vorjahren erneut deutlich reduziert. Diese Kultur ist seit 2007 von einem starken Rückgang der Anbauflächen gekennzeichnet. Die heurige Ernte lässt gute Erträge von 40 - 65 dt/ha erwarten und überzeugt mit durchwegs guter Qualität (niedriges Protein, hohe Siebung). Somit dürfte der Braugerstenanteil deutlich höher sein als im Vorjahr.

Triticale
(Verwendung in der Tierfütterung und in der Ethanolerzeugung)

Triticale ist neben seinem Hauptverwendungszweck als betriebseigenes Futtermittel ein wertvoller Rohstoff für die Ethanolproduktion. Die Anbaufläche hat sich um 2.200 ha auf 45.600 ha (-4,7 %) reduziert. Erträge von 50 dt/ha mit zufriedenstellenden Qualitäten werden erwartet.

Ölraps
(Verwendung als Speiseöl und Biodiesel)

Die Anbaufläche ist gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert geblieben. Die Fläche von rd. 53.600 ha zeigt ein leichtes Minus von 0,3 % gegenüber dem Vorjahr. Bei Raps ist festzustellen, dass im gesamten Anbaugebiet durchwegs gute Erträge erzielt werden konnten. Die Erträge bewegen sich bei ca. 34 dt/ha.

Sojabohne - gewinnt wieder an Bedeutung
(Verwendung als Nahrungsmittel und Tierfutter)

Die Sojabohne befindet sich weiterhin im Aufwärtstrend. Im Vergleich zum Vorjahr wurde die Anbaufläche um 11,1 % auf 38.000 ha ausgedehnt. Die gute Nachfragesituation an heimischer Ware sowie zufriedenstellende Erlöse haben zu einem verstärkten Anbau geführt. Die zurzeit klimatischen Verhältnisse schaffen für die Sojabohne ausgezeichnete Wachstumsbedingungen.

Sonnenblume
(Verwendung als Nahrungsmittel und Tierfutter)

Die Sonnenblume wurde heuer auf einer Fläche von 26.000 ha (+2,6 %) angebaut und ist damit die dritte wichtige Ölsaat nach Raps und der Sojabohne. Die Bestände entwickeln sich gut und lassen zufriedenstellende Erträge erwarten. Hauptanbaugebiet ist mit über 20.000 ha Niederösterreich gefolgt vom Burgenland mit knapp 4.700 ha.

Körnererbsen
(Verwendung in der Tierfütterung)

Der Körnererbsenanbau hat in Österreich nur mehr geringe Bedeutung. Bei dieser Kulturart ist ein stetiger Rückgang im Anbau zu verzeichnen. Die heurige Anbaufläche von rd. 11.700 ha zeigt eine weitere Reduktion um 13,7 % zum Vorjahr. Die Erträge sind aber mit 25 - 40 dt/ha durchaus zufriedenstellend. Diese Kultur wird als betriebseigenes Futtermittel und aus Gründen der Fruchtfolge angebaut.

Körnermais
(Verwendung bei Stärke- und Ethanolerzeugung sowie in der Tierfütterung)

Der Anbau von Körnermais wurde auf eine Fläche von 196.000 ha um 8,8 % ausgedehnt. Die Bestände zeigen sich momentan in einem sehr guten Zustand, die derzeitigen Witterungsbedingungen mit den Niederschlägen im Juli haben die Bestände sehr gut entwickeln lassen. Unabhängig von den Flächenausweitungen kann man mit sehr guten Hektarerträgen rechnen, wobei am Ende eine hohe Gesamtproduktion stehen könnte.
 

Internationaler Getreidemarkt

EU: Geänderte Marktsituation

Wirtschaftsjahr 2010/2011
Im abgelaufenen Getreidewirtschaftsjahr hat sich die Marktsituation in der EU stark verändert. Nach einer unterdurchschnittlichen Getreideernte 2010 wurden die Lagerbestände abgebaut und die staatlichen Interventionsbestände in Höhe von rd. 6 Mio. t fast zur Gänze verkauft. Die Getreideausfuhren wurden in den letzten 12 Monaten zusätzlich auf ca. 30 Mio. t gesteigert, ermöglicht wurde diese Erhöhung durch die stark reduzierten Exporte aus der Schwarzmeerregion, hervorgerufen durch die verheerenden Trockenschäden. Somit stellt sich die Versorgungslage mit Ende des abgelaufenen Wirtschaftsjahres 2010/2011 in der EU knapper dar als im Jahr davor (Endbestand: WJ 2009/2010: 48 Mio. t, WJ 2010/2011: 40 Mio. t).

Wirtschaftsjahr 2011/2012
Die heurige Getreideernte in der EU wird mittlerweile auf rund 275 - 278 Mio. t geschätzt und bringt somit wie im Vorjahr eine unterdurchschnittliche Ernte (Rekordernte 2008/2009: 310 Mio. t).

Nach einem außergewöhnlich trockenem Frühjahr haben sich die Niederschläge im Juni europaweit positiv auf die Erträge ausgewirkt, sodass die Ernteprognosen laufend nach oben revidiert werden mussten. Nur in den südlichen Teilen Europas konnten die durch die Trockenheit entstandenen Schäden nicht mehr aufgeholt werden. Die eingetretene Schlechtwetterperiode in weiten Teilen Europas hat den Erntefortschritt teilweise gestoppt. Die noch zu erntenden Getreidebestände werden daher qualitätsmäßig stark zurückfallen, sodass davon auszugehen ist, dass der Anteil an Getreide für die Verfütterung sowie für die Ethanolerzeugung höher sein wird.

Seitens der EU-Kommission wurden bereits hohe Getreideimporte bewilligt. In den ersten Juliwochen wurden alleine bei Weizen 2,4 Mio. t Importe genehmigt, was den Einfuhren des gesamten letzten Wirtschaftsjahres entspricht. Da kein Rückgang des Verbrauches am Binnenmarkt zu erwarten ist, die Exportmärkte aber weiterhin bedient werden, bleibt die Versorgungslage in der EU weiterhin angespannt.

Weltmarkt: Rekordernte und Rekordverbrauch prognostiziert

Der internationale Getreiderat schätzt die weltweite Getreideernte im heurigen Jahr auf 1,817 Mrd. t., was somit einer neuerlichen Rekordernte entspricht. Der weltweite Verbrauch steigt wie in den letzten Jahren kontinuierlich an und erreicht mit 1,829 Mrd. t ebenfalls Rekordniveau. Somit übersteigt der jährliche Verbrauch sowohl bei Weizen als auch bei Mais die weltweite Produktion. Gründe für den weiter steigenden Verbrauch sind neben der ständig wachsenden Weltbevölkerung der steigende Einsatz in der Verfütterung.

Vor allem der Produktionsanstieg in der Schwarzmeerregion hat nicht nur Einfluss auf weltweite Ernteschätzungen, sondern auch auf den internationalen Exportmarkt. Das Exportpotenzial aus den Ländern Russland, Ukraine und Kasachstan wird bei Weizen auf derzeit rd. 28 Mio. t für das neue Wirtschaftsjahr geschätzt (WJ 2010/2011: 14 Mio. t). Diese Situation beeinflusst nicht nur die gestiegenen Weizenimporte in die EU sondern stellt auch eine Konkurrenz zu den traditionellen Exportmärkten der EU dar.

Die Ernteerwartungen (höhere Erträge, geringerer Anteil an Top-Qualitäten bei Weizen) spiegeln sich derzeit auch bei den Preisentwicklungen an den wichtigsten Börsen wider. Während Mais deutlich über den Notierungen im Vergleichszeitpunkt des Vorjahres liegt, notiert Weizen in Paris derzeit mit 200 EUR/t unter dem Vorjahresniveau.

Trotz der heuer neuerlichen prognostizierten Rekordernte entspannt sich die weltweite Lage nicht. Die Langzeitstudien der FAO zeigen einen kontinuierlichen Anstieg des Verbrauches bei Getreide und Getreideprodukten in Höhe von rd. 1,2 %/Jahr oder 22 Mio. t/Jahr. Die dadurch erforderliche Produktionssteigerung entspricht dem geschätzten Exportpotenzial der EU für das Wirtschaftsjahr 2011/2012.

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Christian Gessl
Abteilungsleiter Marktordnungen, Markt- und Preisberichte
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Harald Waitschacher
Öffentlichkeitsarbeit & Assistent des Vorstandes
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