AMA Erntegespräch 2020 – Kartoffeln

27.10.2020 Starke Ernte - schwache Preise, der heimische Kartoffelmarkt in Zeiten der Krise

Wie geht es der Branche? Wie wird es weitergehen?
Diese und weitere Fragen wurden beim ersten virtuellen Erntegespräch 2020 für Kartoffeln der Agrarmarkt Austria, Landwirtschaftskammer Niederösterreich und der IGE (Interessensgemeinschaft Erdäpfelbau) beantwortet. Eine beachtliche Anzahl an in- und ausländischen Teilnehmern, aus allen Bereichen des Sektors, gaben sich die Ehre und kreierten zwei Stunden komprimierte Marktinformation.
 
Nach einer bundesweit 1,2 %igen Ausdehnung auf 24.251 ha stehen die Produktionsflächen für Kartoffeln heuer auf einem 24-Jahreshoch.
Im Frühjahr Trockenheit, dann Nässe prägten die Witterung im Vegetationsverlauf. Das Resultat, eine von der die Statistik Austria prognostizierte „Rekordernte“ von rund 867.500 t, davon 428.600 t Stärke- und Speiseindustriekartoffeln und 438.900 t Früh- und Speisekartoffeln.
Wie haben sich die einzelnen Marktsegmente vor diesem Hintergrund entwickelt? Die ausführlichen Darstellungen der Experten gaben Aufschluss.

Markt Speisekartoffeln

Die Rodungen von Speisekartoffeln waren bundesweit schon weit fortgeschritten. Es darf heuer von einer gut durchschnittlichen Ernte ausgegangen werden. Regional präsentierten sich sowohl die Hektarerträge, als auch die Qualitäten äußerst heterogen. Neben perfekten Knollen wurden auch äußerst belastete Schläge gemeldet. Die Schadbilder reichen hierbei von Drahtwurm über mechanische Beschädigungen, bis hin zu nässebedingter Fäulnis. Stolbur ist, konträr zu den letzten Jahren, allerdings kaum Thema.
Allen voran bereiten die heuer zahlreich vorhanden Übergrößen Kopfzerbrechen. Die Vermarktung der „außer Norm“ geratenen Knollen gestaltet sich in Zeiten abwesender Großabnehmer als schwierig. Geschmacklich in nichts nachstehend, wird daher verkäuferseitig eindringlich an Händler, Private und Haushalte appelliert, auch größere Knollen zu akzeptieren. Nicht zuletzt durch das EU- weite Auslaufen des Wirkstoffes Chlorpropham (CIPC) zur Keimhemmung, mit Oktober 2020 (DVO (EU) 2019/989), bleibt die Lagerfähigkeit des Erntegutes und damit das finale Netto vom Brutto die große Unbekannte. Abpacker befürchten erhebliche finanzielle Mehraufwände durch höhere Personal -, Lager- und Manipulationskosten. Die flächendeckende Vollversorgung mit heimischer Ware scheint soweit gesichert.

Markt Speiseindustriekartoffeln

70 - 90 % der Ernte wurden soweit eingebracht. Die Qualitäten und Erträge präsentierten sich regional divergent. Die Abnehmer gehen dennoch, wie auch in den anderen Bereichen, von mehr als 100 % Vertragserfüllung aus.
Wie kein anderes trifft der Einbruch des Tourismus, die schwächelnde Gastronomie und der weitgehende Wegfall von Großveranstaltungen dieses Segment. Der seit März radikal reduzierte Pommes- Absatz konnte auch durch die höheren Umsätze von Chips und Kartoffelsnacks nicht aufgefangen werden.
Hinsichtlich europaweit hoher Bestände wird es mittel- bis langfristig  zu Verwerfungen kommen. Da die nicht zweckmäßig verwertbaren Bestände in alternative Nutzungsrichtungen (Speise, Stärke, Tierfutter, Bioethanol) drängen, wird der Sektor insgesamt unter Druck gesetzt.

Markt Stärkekartoffeln

Die Kontraktflächen der Stärkeindustrie wurden heuer um 10 % zurückgenommen. Markante Einschränkung der Bio- Stärkeflächen (- 63 % gegenüber Vorjahr) zeichnen dafür verantwortlich. Die Rodungen waren heuer von witterungsbedingten Unterbrechungen geprägt und hatten sich entsprechend verzögert. Mit der Erntemenge dürften die Produzenten alles in allem durchaus zufrieden sein.
Die Stärkegehalte sind mit durchschnittlich 18,2 % für konventionelle und 17,2 % für biologische Ware geringer als in den letzten Jahren. Die Industrie rechnet bis Kampagnenende Ende Jänner 2021 mit 100 % Plus Kontrakterfüllung.

Markt Saatkartoffeln

Die Pflanzkartoffelernte ist soweit abgeschlossen. Aufgrund der frühen Krautminderung und dem damit geringeren Wassereintrag in die Mutterknolle wird die Lagerfähigkeit als gut eingeschätzt.
Während die Saatgutausbeute im Waldviertel äußerst zufriedenstellend verlaufen ist, meldete das Weinviertel, Leiser Berge, eher durchschnittlich Erträge. Auch die Resultate der Virustestungen (PCR) zeigten gute Ergebnisse. Die Voraussetzungen für eine hohe Saatgutverfügbarkeit 2021 sollten also gegeben sein.

Wie sich die Pandemie auf die Entwicklung der heimischen Produktionsflächen 2021 auswirkt, wird die erste Auswertung des Mehrfachantrags (MFA) im Mai des nächsten Jahres ans Licht bringen.

Die Agrarmarkt Austria bedankt sich herzlichst bei allen Teilnehmern für das gelungene Erntegespräch 2020 und wünscht eine erfolgreiche Saison.
 
Renhardt BSc, 27.10.2020

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