Heimischer Kartoffelbau im Umbruch? Ertragseinbußen drücken Eigenversorgung

09.10.2023

Ein seit drei Jahren anhaltender Negativtrend bei heimischen Produktionsflächen, ausgedehnte Hitze- und Trockenphasen in Österreichs Hauptanbaugebieten sowie ausgelaufene Zulassungen traditioneller Pflanzenschutzwirkstoffe setzten dem Sektor auch 2023 stark zu. Eine Retrospektive.

Durch die nasskalte Witterung im vergangenen Frühling (bundesweit +25 % Niederschlag zu langjährigen Ø) hatte sich das Legen des Saatgutes bundesweit um 2-3 Wochen, im Waldviertel bis in die erste Maiwoche, verzögert. Während die Stärke- aber auch Speiseindustrie Ihre Kontraktmengen mehr oder weniger erfüllt sieht, krankt es heuer vor allem im Speisebereich. Die ersten Ernteeinschätzungen 2023 für Lagerkartoffeln zeigen sich ernüchternd.

Nach reichlich Niederschlägen im Frühjahr sorgte anhaltende Trockenheit im Juni, aber auch Juli für höchst überschaubare Biomassezuwächse der Frühsorten. Mindererträge von 20-25 t waren die Folge. Um den Hunger auf heimische Ware dennoch zu stillen, wurden Erntetermine der Anschlusssorten vorgezogen. Diese Ware fehlt jetzt.

Wie steht es nun um die derzeit laufende Haupternte? Mit welcher Ausbeute ist 2023 zu rechnen?  
Negativ wirkte sich heuer  neben dem anhaltenden Flächenrückgang (- 4% zum Vorjahr), vor allem die Trockenheit und große Hitze aus. Selbst auf bewässerungsfähigen Flächen blieben Bestände bei Temperaturen von 30°C und mehr unterentwickelt.

Durch den Vorverkauf der Übergangssorten dürfte etwa 400-500 ha an lagerfähigen Material fehlen. Die überwiegend kleinfallende Ware wird die finale Erntemenge weiter drücken. Selbst wenn die Qualitäten unisono als zufriedenstellen gelten, ist die Lagerfähigkeit der Partien fraglich und wird sich erst im Laufe der weiteren Vermarktungssaison zeigen. Aktuell wird das heimische Angebot, im Besonderen im Preiseinstiegssegment, mit Importware unterfüttert. Ohne Einfuhren wird es heuer kaum gehen, sind sich Branchenkenner einig. In welchen Ausmaß bleibt offen.

Die andauernden Probleme bei Kultivierung und Vermarktung von Kartoffeln im Allgemeinen und Speisekartoffeln im Speziellen manifestieren sich derzeit in Rekord- Erzeugerpreisen. Mit durchschnittlich 44,00 EUR/dt für festkochende Sorten haben sich die Abgabepreise der Landwirte zum ohnehin schon hohen Vorjahresniveau um 83 % gesteigert.  

Wohin die Reise für den heimischen Kartoffelbau gehen wird ist unsicher. Angesichts der bereits dargestellten Faktoren wie Extremtemperaturen, Schädlingsdruck und mangelhafter Wirkstoffe zeigen  sich die Aussichten tendenziell eingetrübt. Es wird, trotz einem tiefgründigen Bekenntnis zur heimischen Vollversorgung,  gute Argumente und starke Preise brauchen, um die Landwirte nach einem prolongierten Katastrophenjahr 2023 für die kommende Saison wieder auf Spur zu bringen. Die Preisverhandlungen für Saatgut für 2024 laufen.

09.10.2023, Renhardt Bsc.

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