Vergabewesen - öffentlicher Auftraggeber

Vorab wird festgehalten, dass das Vergaberecht sehr formal und umfangreich ist und es sich bei den folgenden Informationen nur um einen kurzen Anriss des Themas handelt. Es wird daher z. B. nicht auf Sektorenauftraggeber, besondere Dienstleistungen oder Konzessionen eingegangen. Für weiterführende Informationen wird auf das Bundesvergabegesetz 2018 verwiesen.

Alle Einrichtungen, die sich an das Vergaberecht halten müssen, werden als "öffentliche Auftraggeber" bezeichnet. Dabei gibt es zwei Kategorien, nämlich institutionelle öffentliche Auftraggeber und funktionelle öffentliche Auftraggeber.

Institutionelle öffentliche Auftraggeber sind der Bund, die Länder, alle Gemeinden und Gemeindeverbände. Diese werden immer als öffentliche Auftraggeber eingestuft und unterliegen damit dem Vergaberecht.

Bei funktionellen öffentlichen Auftraggebern sieht man manchmal nicht auf den ersten Blick, dass sie öffentliche Auftraggeber sind und somit das Vergaberecht angewendet werden muss. Es kann sich dabei um eine GmbH, einen Verein oder jede andere Einrichtung handeln, die aufgrund ihrer „Nähe“ zu einem institutionellen Auftraggeber ebenfalls als öffentlicher Auftraggeber eingestuft werden muss.

Folgende Kriterien müssen geprüft werden um zu klären, ob die antragstellende Person als funktioneller öffentlicher Auftraggeber gilt:

1. Besonderer Gründungszweck / Aufgaben im Allgemeininteresse

Der Begriff umfasst Aufgaben, welche im Sinne des Gemeinwohles vom Staat für die Allgemeinheit erbracht werden. Dabei stehen nicht Interessen von Einzelpersonen im Vordergrund, sondern jene der gesamten Bevölkerung bzw. großen Teilen davon.  Es reicht auch aus, wenn die antragstellende Person bloß zum Teil im Allgemeininteresse liegende Aufgaben erfüllt damit für die antragstellend Person das Kriterium erfüllt ist.  
Beispiele: Interessensvertretung, Müllbeseitigung, Dorfverschönerungen, öffentliche Ordnung, Gesundheit, Hygiene, Umweltschutz u. ä.

2. Aufgaben nicht gewerblicher Art

Das Vergaberecht entstammt dem EU-Recht. Diese Frage darf daher nicht anhand der nationalen Gewerbeordnung beantwortet werden. Es muss geprüft werden, ob die antragstellende Person in Konkurrenz mit privaten Wirtschaftstreibenden steht und ob diese unter gleichwertigen Bedingungen arbeiten (erhält die antragstellende Person Vorteile - z. B. muss sie das wirtschaftliche Risiko einer Insolvenz eventuell nicht selbst tragen, sondern springt der Staat ein? Unterliegt die antragstellende Person einer staatlichen Kontrolle oder gibt es die Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Unternehmensgebarung nach staatsspezifischen Kriterien? Unterliegen die anderen Wirtschaftstreibenden Schranken (z. B. Abgaben), die für das geprüfte Unternehmen nicht gelten?). 

Weitere Indizien für eine Aufgabe nicht gewerblicher Art sind das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht (z. B. laut Statuten oder Gesellschaftsvertrag), das Fehlen von Wettbewerb am relevanten Markt (z. B. keine Mitbewerber, ein gesetzlicher Vorteil für die antragstellende Person).

3. Teilrechtsfähigkeit

Die antragstellende Person muss zumindest teilrechtsfähig sein. Gemeint ist, dass die antragstellende Person selbst Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Dies ist jedenfalls bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten, Fonds) sowie des Privatrechts (z. B. Kapitalgesellschaften, Vereinen, Privatstiftungen, Genossenschaften, Europäischen Gesellschaften [SE], Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigungen [EWIV]) der Fall. Dasselbe gilt auch für privatrechtliche Gesellschaften im Gründungsstadium (wie Vor-GmbH, Vor-AG), rechtsfähige Personengesellschaften (OG, KG) sowie für öffentlich-rechtliche Einrichtungen, die mangels Vollrechtsfähigkeit nicht als juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten.

  • Die Punkte 1. - 3. müssen alle mit "JA" beantwortet werden. Wird eine der Fragen mit NEIN beantwortet, ist die Prüfung zu Ende und die antragstellende Person ist kein öffentlicher Auftraggeber.
  • Wenn die Punkte 1. - 3. alle mit JA beantwortet wurden, muss weiter geprüft werden. Die antragstellende Person ist öffentlicher Auftraggeber, wenn auch nur eines der folgenden Kriterien mit JA beantwortet wird:

4. (Staatliche Beherrschung) Liegt eine überwiegende Finanzierung durch einen anderen öffentlichen Auftraggeber vor?

Überwiegend bedeutet mehr als die Hälfte (> 50%). Das kann sich von Jahr zu Jahr ändern. Entscheidend ist das Jahr, in dem das Vergabeverfahren eingeleitet wird. Unter Finanzierung werden alle direkten oder indirekten Zuwendungen von Geldmitteln, Sachwerten oder Personalbereitstellungen verstanden, die ohne angemessene Gegenleistung überlassen werden.

Eine Förderung aus dem Schulprogramm wird als keine solche Finanzierung aus öffentlichen Mitteln verstanden, da eine konkrete Gegenleistung in Form der Abgabe der Schulprogrammerzeugnisse an die Begünstigten (z. B. Schulkinder) zugrunde liegt. Zuwendungen in diesem Zusammenhang fallen daher nicht unter dieses Kriterium.

5. (Staatliche Beherrschung) Unterliegt die Leitung der antragstellenden Person der Aufsicht eines öffentlichen Auftraggebers?

In anderen Worten wird bei diesem Kriterium gefragt, ob ein anderer öffentlicher Auftraggeber direkt oder indirekt die Geschäftsleitung (z. B.
Geschäftsführerin oder Geschäftsführer, Vorständin oder Vorstand u. ä.) der antragstellenden Person beeinflussen kann. Eine Beeinflussung kann bestehen, z. B. durch direktes Mitspracherecht bei einzelnen Entscheidungen der Leitung, einzelne oder mehrere Mitglieder der Leitung werden durch einen öffentlichen Auftraggeber ernannt oder können durch diesen abgesetzt werden oder wenn der öffentliche Auftraggeber eine begleitende Aufsicht über die Geschäfte der antragstellenden Person ausüben kann (das Recht muss nicht tatsächlich ausgeübt werden, sondern nur vorgesehen sein). Ein bloß nachträgliches Kontrollrecht eines öffentlichen Auftraggebers (wie es z. B. der Rechnungshof ausüben kann) erfüllt das Kriterium nicht.

6. (Staatliche Beherrschung) Wird eine Mehrzahl von Mitgliedern des Verwaltungs- Leitungs- oder Aufsichtsorgans durch einen öffentlichen Auftraggeber ernannt?

Gemeint ist, ob mehr als die Hälfte der Mitglieder entweder des Verwaltungsorgans, des Leitungsorgans oder des Aufsichtsorgans durch einen anderen öffentlichen Auftraggeber bestellt werden. Das Kriterium ist auch zu bejahen, wenn diese Bestellung mittelbar erfolgt.

Beispiele für typische öffentliche Auftraggeber:

  • Ein von einer Gemeinde finanzierter Museumsverein.
  • Ein Naturverein, dessen Mitglieder Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und/oder Gemeinden sind (wenn die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder Gemeinderätinnen und Gemeinderäte allerdings nicht wegen ihrer Funktion in der Gemeinde, sondern privat in ihrer Freizeit Mitglieder sind, ist das Kriterium nicht erfüllt).
  • Eine Landwirtschaftskammer, die laut Statuten ihren Budgetvoranschlag von der Landesregierung freigeben lassen muss.
  • Eine Arbeitsgemeinschaft (AG) zwischen zwei Gemeinden zur Müllbeseitigung.
  • Eine Zusammenarbeit zwischen einer Gemeinde und einem Unternehmen für die Durchführung einer Veranstaltung.
  • Eine GmbH, die entweder von Bund, Land oder einer Gemeinde zumindest zu 50 % finanziert wird.
  • Eine offene Gesellschaft (OG), deren Geschäftsführerin oder Geschäftsführer von einer Gemeinde ernannt wird.

Beispiele für typische "nicht-öffentliche" Auftraggeber, die nicht dem Vergaberecht unterliegen:

  • Antragstellende natürliche Personen (z. B. Einzelunternehmerinnen und Einzelunternehmer) können nie öffentliche Auftraggeber sein (außer es handelt sich um eine Umgehungskonstruktion).
  • Ein Verein, der Zuschüsse aus öffentlicher Hand bekommt, diese aber weniger als die Mitgliedsbeiträge ausmachen und der auch sonst keine andere Verbindung zu einem öffentlichen Auftraggeber aufweist.
  • Ein Unternehmen, welches den Namen einer Marktgemeinde in ihrer Firma führt, dessen Gesellschafter die örtliche Wirte sind (Bsp.: "Marktgemeinde NN Camping Betriebsges.m.b.H.").

Antragstellende Personen, die zur Einhaltung der Vorgaben der öffentlichen Auftragsvergabe im Sinne des Bundesvergabegesetzes 2018 verpflichtet sind, haben jedenfalls nach Aufforderung durch die AMA das Formblatt "Dokumentation der Vergabeschritte für das gewählte Vergabeverfahren" vollständig ausgefüllt zu übermitteln.

Da durch eine Nichtvorlage oder eine verspätete Vorlage gegen die Bestimmungen der zugrundeliegenden Verordnung verstoßen wird, kann das zu Rückforderungen bereits bezahlter bzw. nicht Auszahlung von noch offenen Beihilfebeträgen führen.